Informationen multimedial verdauen
Seit dem Frühlingssemester 2011 besitzt der Studiengang Multimedia Production den neuen Produktionsraum « digezz ». Die Studierenden üben hier, wie man in der neuen Medienwelt Informationen multimedial aufbereitet, indem sie Artikel verfassen, Filmbeiträge aufnehmen sowie Audiofiles produzieren und auf dem Web publizieren.
Die Uhr tickt. Es ist kurz vor 17 Uhr – das bedeutet kurz vor Redaktionsschluss. Lara, die heutige Tagesverantwortliche, läuft nervös auf und ab hinter unserem Rücken. Nicht gerade hilfreich, wenn man versucht, seinen Artikel zu einem guten Ende zu bringen. «Bist du so weit?» – «Gleich!» – Zwei Sekunden später: «Hast dus?» – «Sofort!» – Eigentlich ist Lara sonst nie so ungeduldig, doch heute ist auch kein normaler Tag. Unser Team, bestehend aus 14 Studierenden, ist in den letzten Stunden unter grosser Anspannung gestanden. Denn wir arbeiten heute bereits am fünften Beitrag zum Thema «Der Frühling kommt», der kurz vor seiner Fertigstellung steht.
Dozierende als Coaches
Der Ort der Hektik ist der Produktionsraum digezz des Studiengangs Multimedia Production der HTW Chur, den die Studierenden erstmals im Frühlingssemester 2011 nutzen konnten. Im Ausbildungsmodul «Konvergent Produzieren» erstellen die Studierenden hier in Gruppen von 14 Personen jeweils an einem Tag Inhalte für die gleichnamige Internetplattform «digezz». Das Web dient als Produktions- und Publikationsplattform. In dieser virtuellen Redaktion werden Inhalte konzipiert, getextet, aufgenommen, geschnitten und schlussendlich publiziert. Die drei Grundpfeiler des Studiums, «Visualisieren», «Interaktive Medien» und «Schreiben und Sprechen» fliessen in diesem Produktionsraum zusammen.
Die Studierenden sollen hier die verschiedenen Aufgaben einer modernen Redaktion kennenlernen – unter anderem auch die Rolle des Dienstchefs. «Es geht hier auch um Selbstorganisation und Lernen durch Anwenden», erklärt Heiner Butz, der verantwortliche Dozent und Modulleiter. In diesem Raum verändere sich auch die Rolle der Dozierenden. «Wir übernehmen vermehrt die Rolle eines Coaches und nicht die eines klassischen Dozenten.»
Kostengünstigere Produktionsbedingungen
Der Produktionsraum war die Idee von Heiner Butz, der in der Vergangenheit schon mehrfach solche Räume konzipiert und eingeführt hat. Dies geschah meist im Umfeld von professionellen Fernsehproduktions-Landschaften und bedingte auch eine äusserst kostspielige Infrastruktur, die oft sehr schnell veraltete und nicht mehr zeitgemäss war. «Bis noch vor wenigen Jahren waren darum diese Video- und Audio produktion teuer und nur etwas für grosse Medienunternehmen und Profis», erzählt Heiner Butz. «Das hat sich nun grundlegend verändert.»
Heute werde viel selbstverständlicher mit den verschiedensten Arten von Medienobjekten umgegangen. Bilder entstehen einfach durch Handykameras und YouTube animiert auch Otto Normalverbraucher zum Veröffentlichen seiner Videobeiträge. Auch die Studierenden arbeiten im « digezz » mit den breit verfügbaren, günstigen Produktionsmitteln, versuchen aber inhaltlich und gestalterisch professionellen Medienstandards zu genügen. Damit soll eine neue, zeitgemässe Art und Weise der Produktion von Medienobjekten entwickelt werden.
Die Verdauung noch verbessern
Digezz ist ein Kunstwort und leitet sich von dem englischen Begriff «digest», was verdauen bedeutet, ab. Denn schliesslich ist es die Hauptfunktion von «digezz», wie bei den Newsrooms in Medienhäusern, Informationen zu verarbeiten bzw. zu verdauen. Um die technische Umsetzung von «digezz» kümmert sich der HTW-Dozent Fredrik Gundelsweiler mit seinem Team, zu dem auch einige Studierende zählen.
Zusätzlich zu den von den Studierenden produzierten Inhalten integriert die Plattform durch die festgelegten Schlagwörter auch automatisch Beiträge aus dem Internet. Ausserdem werden regelmässig Links zu Beiträgen aufgeschalten, welche die Studie renden empfehlen. Damit ist «digezz» unter anderem eine Plattform von Studierenden für Studierende. Auch die Themen wählen die Studierenden selbst aus. In der ersten Produktionsphase entstanden beispielsweise Beiträge zu den Themen «Auslandsemester», «Alltagstipps für Studierende», «Planking», «Preiswerte Verpflegung» oder Verbrauchertests von nützlichen Mobile Applications, Kantinen und ein Sandwich-Geschmackstest.
Nach den ersten Monaten der Einführung sieht Heiner Butz Verbesserungsmöglichkeiten beim Produktionsablauf und ergänzt : «In der Zukunft müssen wir ein Best Practice für die Produktion entwickeln und dann in allen Gruppen anwenden. Und wir müssen inhaltlich klarer und auch niveauvoller werden.»
«Fertig!» Der letzte Artikel ist abgetippt und wird zur Kontrolle an Dienstchefin Lara weitergeleitet. Wenige Minuten später erscheint der Beitrag online. Die Anspannung weicht der Freude, nun endlich die Früchte unserer Arbeit vor Augen zu haben. Ein anspruchsvoller, lehrreicher und vor allem produktiver Tag im «digezz» neigt sich dem Ende zu.
Natalie Achermann (Juli 2011)
Diesen Bericht habe ich für das Magazin der HTW Chur «Wissensplatz» als freie Mitarbeiterin geschrieben. Die entsprechende Ausgabe als PDF kann hier heruntergeladen werden: Wissensplatz Ausgabe 2/2011
Die Plattform «digezz» findet ihr hier: digezz